Star Wars Legion Box Kritik

Star Wars Legion - Test: Helle Seiten, dunkle Seiten

"Star Wars verkauft sich immer", sagte der Verkäufer und rieb sich die Hände. Neunzig Euro wanderten in seine Kasse und die nagelneue Star Wars Legion Box in meine Tasche.

Das knisternde Plastik riss ich noch auf dem Parkplatz ab und sog den Duft von Frischgedrucktem tief ein. Sechs Monate Vorfreude zogen vorbei. Endlich! Endlich durfte ich den Deckel der schwarzen Box abziehen und …

Hmmmm.

Ein paar Pappbögen mit Markern, darauf ein dünnes Heft mit Regeln, darunter Plastiktütchen mit Würfeln und Figuren. Alles sehr ordentlich in Fächern verstaut. Immerhin.

"Hast Du schlechte Laune?" fragte meine Frau, als wir vom Parkplatz rollten.


Willkommen in der Star Wars Paintball-Arena



Meine Hoffnung, dass in der 89-Euro-Box "Star Wars Gelände" zu finden ist, wurde enttäuscht.

Keine Tatooine-Hütten und Feuchtfarm-Antennen, stattdessen ein dutzend Straßensperren. Das Spielfeld erinnert an eine Paintball-Arena und nicht an eine weit, weit entfernte Galaxis.

Und die Figuren?

Die gut 33 Miniaturen sind, bis auf kleine Unsauberkeiten, ganz ordentlich. Neben Darth Vader und Luke Skywalker gibt es noch Speederbikes, einen AT-RT Läufer und vier Korps-Trupps.
Test Star Wars Legion Gelaende

Kaufzwang inklusive


Für den intergalaktischen Feldherrn, der glaubt, dass er damit eine ganz schlagkräftige Truppe besitzt, hat der dunkle Lord bei Fantasy Flight Games noch eine kleine Gemeinheit Überraschung parat.

Ein "Standardspiel", so eine Randnotiz nach der Trainingsmission, besteht aus mindestens drei Korp-Trupps.

Marker, Karten und Anführerfigur für dieses dritte Korps, sind nicht etwa unter den Boxeinlageboden gerutscht, wie der naive Spieler zunächst vermutet. Die kann er sich im Laden kaufen. Kaufzwang "right out of the Box". Na gut, dann improvisieren wir eben mit Kopien und selbst gemachten Markern - wir sind ja Rebellen.

Das Regelheft besteht für Fantasy Flight Games aus ungewohnt kurzen Regeln – der Rest sind Zusammenbauanleitungen, Verweise auf die Spielecommunity und wie man sich "ganz einfach" selbst Gelände bauen kann.

Das Referenzwerk, in dem viele Regeln und Spielsituationen erläutert werden, liegt nicht mehr bei. Das darf man sich jetzt aus dem Internet laden und selbst ausdrucken.


Null Story. Ewiger Spielspaß.



Fernsehrkanäle, Buch- und Comicläden werden mit Star Wars Geschichten überschwemmt. In Star Wars Legion findet sich keine davon. Das Spiel liefert keine Storymissionen mit. Leider. Drei oder vier Missionen in der Star Wars Welt hätten es echt rausgerissen.

Ein kleines Trostgeschenk ist das modulare Szenario-Poker - eine originelle Idee für neue Gefechtsszenarien und „immerwährenden Spielspaß“. Doch auch hier hat der Geizknochen bei Fantasy Flight Games zugeschlagen: Das System bietet zu wenig Karten und damit kaum Abwechslung. „Cool - wir spielen wieder „Sichere die Missionspunkte“ heute mal bei schlechtem Wetter! Und diesmal starten wir in den Ecken!“.

Beim Spielen des ersten Trainingsmission merkt man woran es im Star Wars: Legion Universum unmittelbar mangelt: Würfel. Brauchen tut man fünf bis sechs – im Spiel sind aber nur drei (je Sorte). Das nervt schon nach der zweiten Runde und bringt den Spielfluss ins stocken.


Tolle Action. Zahnloses Imperium



Star Wars: Legion zu spielen macht aber Spaß. Am Beginn der Spielrunde Kommandokarten zu legen, um vor dem Gegner dran zu sein oder spezielle Fähigkeiten einzusetzen, ist toll.

Das Tabletopspiel spielt sich schnell und bietet interessante taktische Optionen. Durch Beschuss können Einheiten in Deckung gezwungen werden. Das verbessert zwar ihre Deckung, aber sie sind auch in ihren Aktionen einschränkt oder können sogar in Panik verfallen.

Eine in Bereitschaft versetzte Einheit kann im Zug des Gegners eine Aktion ausführen, wenn ihr der Gegner zu nahe kommt. So kann man spontan auf die Taktik des Gegners zu reagieren. Cool.

Star Wars: Legion fühlt sich aber noch unausgewogen an. Die gefürchteten Sturmtruppen sind echte Weicheier und den Rebellen bei weitem unterlegen. Die Blaster der Sturmtruppen schießen mit weißen Würfeln, die in 6 von 10 Fällen leere Seiten zeigen. Kein Wunder, dass der Imperator böse wird. Sein todbringender Scherge Vader ist so langsam, dass sogar Rebellen Mitleid empfinden.

Taktisch hart: Verlierst Du einen Teil Deiner Armee, bricht der Rest wie ein Kartenhaus zusammen. Immerhin gilt das auch für die Rebellen. Die Armee, die die erste Einheit verliert, verliert in der Regel auch die Mission.
Test Star Wars Legion Expansion Box

Star Wars: Legion-Erweiterungen - das wird teuer



Beim Kauf der Box habe ich schon einmal eine Blick auf die ersten Erweiterungen werfen können. Die Preise ließen kurz meinem Atem stocken.

Während man bei X-Wing gerne mal eine neue Einheit mitgenommen hat (10 - 30 EUR) muss man bei Star Wars: Legion doch zweimal überlegen, ob und wann man sich die fünfzig Euro für den obligatorischen AT-ST leisten will. Preislich hat der finstere Lord bei Fantasy Flight Games alle so zwischen 20 und 50 Euro angesetzt, einer Grenze, wo es im Portmonee schon stachelig wird.


Ein erstes Fazit



Zugegeben. Ich habe noch nicht sehr viele Partien gespielt. Bisher wurde meine Vorfreude aber enttäuscht. Ich hätte erwartet, das sich Fantasy Flight Games mehr ins Zeug legt und alles etwas üppiger ausstattet: Ausreichend Würfel (!!!), etwas mehr oder fantasievolleres Gelände, ein paar zusätzliche Figuren (zumindest die zwei fehlenden Commander) und definitiv ein paar storybasierte Missionen.

Bis jetzt wirkt alles etwas lieblos und riecht nach Geldmacherei.


Würde ich Star Wars: Legion noch einmal kaufen?



Ja - weil es ein Star Wars Tabletop-Spiel ist. Mit Jetbikes über Schlachtfeld zu jagen und mit mit AT-RT-Walkern den Gegner in Schach zu halten ist einfach cool!
Mit ein wenig Erfindergeist kann man den Mangel des Grundspiels zumindest etwas ausgleichen.

Denken wir uns unsere Storymissionen eben selbst aus! Das Gelände bauen wir uns sowieso.

Und der dunkle FFG-Lord lacht sich in Fäustchen.
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